Hochwasserschutz im Gersprenzgebiet



Die Gersprenz ist ein kleines Gewässer, aus dem Odenwald kommend verläuft sie über die Dieburger Ebene und mündet im bayrischen Stockstadt in den Main. Das gesamte Einzugebiet ist etwa 513 qkm, die Lauflänge mit dem Oberlauf beträgt etwa 62 km.

Das Gersprenzgebiet wurde zuletzt in den Jahren 1993 und 1995 von zwei großen Hochwasserereignissen betroffen, die erhebliche Überschwemmungen mit Sachschäden zur Folge hatten.

Mit den Retentionsräumen Groß-Zimmern (Inbetriebnahme 2000), Groß-Bieberau ( 2003), Reichelsheim-Bockenrod (2010), Herrensee (2016) am größten Hochwasserzubringer Fischbach hat der Wasserverband Gersprenzgebiet mit Finanzierung des Landes Hessen über 1 Mio m3 Rückhalterraum geschaffen. Auch die Stadt Groß-Umstadt baute ein Becken im Einzugsbereich der Gersprenz.
Die Becken wurden alle unter den Aspekten eines ökologisch verträglichen Hochwasserschutzes geplant, d.h., kein Dauerstau, die Auslassbauwerke sind für Fische und Kleinlebewesen vollständig durchgängig (keine Verrohrung, durchgehend natürliche Gewässersohle), die Dammbauwerke sind landschaftsgestalterisch eingepasst, Bewirtschaftung im Einstaubereich wird so weit wie möglich reduziert.

Alle Anlagen sind ungesteuert, d.h. alleine der Wasserdruck bestimmt die Auslassmenge im Einstaufall, was einen geringeren Betriebs- und Wartungsaufwand bedingt. Die Einstauzeiten im Hochwasserfall sind kurzfristig (wenige Stunden, maximal ein paar Tage).

Retentionsraum Groß-Bieberau


Bau eines Hochwasserrückhaltebeckens oberhalb von Groß-Bieberau an der Gersprenz 2002-2003, Probestau 2007.
Zusammen mit den weiteren Retentionsräumen wird weitgehend ein 50-jährlicher Hochwasserschutz an der Gersprenz erreicht.
Stauvolumen: 500.000 kbm. Bauherr: Wasserverband Gersprenzgebiet

Construction of a flood control retention basin at the Gersprenz river in the Odenwald region of Hessen. The retention area molds into the existing landscape with minimal intrusion, while still performing the funktion of a continuously natural river bottom.

Aktivierung von Retentionsraum an der Gersprenz
Infotafel am Bauwerk

Retentionsraum Reichelsheim-Bockenrod


Bau desHochwasserrückhaltebeckens in Reichelsheim-Bockenrod (Odenwald) an der Gersprenz 2008-2010.

Retentionsraum Reichelsheim-Bockenrod an der Gersprenz im Odenwald
Infotafel am Bauwerk

Im Februar 2012 wurde dieser Retentionsraum in Reichelsheim Bockenrod (Odenwald) an der Gersprenz wurde durch einen Probestau geprüft (unten).
Er fiel in die starke Frostperiode, was eine tolle Eislandschaft zur Folge hatte.

Polder Groß-Zimmern


Das Einengungsbauwerk am Retentionsraum Groß-Zimmern.

Hochwasser in Groß-Zimmern 1993


Aktivierung von Retentionsraum an der Gersprenz in Klein- und Großzimmern
Infotafel am Bauwerk

Talsperre Herrensee


Der Fischbach ist das Nebengewässer mit dem größten Zufluss im Oberlauf der Gersprenz.
Durch das 2016 in Betrieb gegangene HRB Herrensee in Fischbachtal-Niedernhausen werden im Überschwemmungsgebiet der Gersprenz zusätzlich 220.000 m3 Rückhaltevolumen aktiviert.
Aufgrund der Bauwerksabmessungen ist dieses Becken als Talsperre eingestuft.

 

Hochwasserrückhaltebecken HRB Fischbach in Fischbachtal

Probestau am Becken Herrensee in Fischbachtal im Februar 2020

Retentionsraum am Wächtersbach


Bilder vom Probestau im Februar 2021

3:21


Ein Beitrag zum Retentionsraum am Wächtersbach, der 2016 in Groß-Umstadt in Betrieb ging, in "Alle Wetter" vom Hessischen Rundfunk


10:04


Ein Flug über die Gersprenz beim Hochwasser 1995, das größte der letzten Jahrzehnte.
Obwohl die Aufnahmen nicht von so guter Qualität sind, kann man gut die Ausmaße der Überschwemmungen gut erkennen. Animiert sind die Retentionsräume (Staubecken in den Überschwemmungsgebieten), welche der Wasserverband Gersprenzgebiet mit Unterstützung des Landes Hessen inzwischen realisiert hat.


Neben den hier vorgestellten technischen Hochwasserschutzmaßnahmen gibt es noch weitere Instrumente zum vorsorgenden Hochwasserschutz für das Einzugsgebiet der Gersprenz, die hier nur kurz angesprochen werden sollen:

Die Ausweisung der Überschwemmungsgebiete verhindert die Bebauung der Gewässerauen, damit das Hochwasser sich zunächst in der Fläche schadlos ausbreiten kann und damit das Schadenspotential nicht erhöht wird.
Die "Hochwasserrisikomanagementpläne" enthalten viele Informationen zur Ausdehnung von Hochwasserereignissen (auch über die oben genannten Überschwemmungsgebiete hinaus) und zum Objektschutz.



Duch technische Hochwasserschutzmaßnahmen und geeignetes Flächenmanagement wird die Hochwasserwahrscheinlichkeit und das Schadenspotential verringert. Aber klar ist auch:
Einen absoluten Hochwasserschutz gibt es nicht. Denn es sind immer Ereignisse möglich, die das Fassungsvermögen der Becken überschreiten. Trotz aller Sorgfalt und Überwachung ist auch nicht ganz auszuschließen, dass die Dämme der Becken und auch die Deiche (die parallel zum Gewässer liegen) im Extremfall aufweichen und unterspült werden können und der Schutz dann nicht mehr gegeben ist.
Die durch den Klimawandel immer mehr in den Fokus rückenden regional begrenzten Starkregen sind unberechenbar und führen auch außerhalb der Gewässerauen und in Ortslagen zu Hochwasser. Auch höher liegende Bereiche können betroffen sein, auch durch Hangrutschungen bei wassergesättigten Böden.
Vollständigkeitshalber sei noch erwähnt, dass auch überlastete oder verlegte Kanalsysteme Hochwasser "erzeugen" können.

 

Es wird oft gefragt: Wäre eine Katastrophe wie im Kreis Ahrweiler auch hier möglich?
Im Prinzip schon. Die heftigen Überschwemmungen resultierten nicht aus regional begrenzten Starkregenereignissen- die oft genannt werden- sondern aus einem großräumigen, stärkeren Dauerregen infolge eines festsitzenden Tiefdruckgebietes. Das gesamte Einzugsgebiet wurde ca. 15 h überregnet mit bis zu 150 mm/m2 (15 l/
m2). Die maximale Stundenintensität erreichte 33 mm.
Dazu kam, dass der Boden durch die schon nasse Witterung davor vollkommen wassergesättigt war und kein Wasser mehr aufnehmen konnte. Das Wasser lief ab wie auf einer befestigten Fläche. So kamen die Wassermassen zusammen.
Die besondere Topographie im Ahrtal war der Grund für die Wucht des Hochwassers: Ein tiefeingeschnittenes Tal mit relativ großem Gefälle, eng bebaut mit einem großen Schadenspotential. Das Wasser hat wenig Platz.
Auch über dem Odenwald (und sonstwo) könnte sich ein solches Tief festsetzen mit einem entsprechenden Niederschlag. Die Hochwasserschutzanlagen würden überlaufen und hätten keine Wirkung mehr (sie sind so gebaut, dass sie jedoch nicht brechen würden). Die Täler sind im Odenwald aber nicht so steil. Die vielen vorhandenen Auenbereiche geben dem Gewässer Platz, so dass Wasserhöhen und Strömungen wie im Ahrtal nicht zu erwarten sind.
Auch sind die Gewässerauen weniger dicht bebaut und das Schadenspotential ist somit geringer. In den Unterläufen kann sich das Wasser in die Fläche ausbreiten.
Trotzdem: Auch hier würden Keller volllaufen, Menschen könnten in diesen eingeschlossen werden, die Gefahr durch Stromschläge ist vorhanden, Tiefgaragen laufen voll. 

Die Vorwarnzeiten sind besonders in den Oberläufen sehr kurz.